Der Leitzins wird im Rahmen der Geldpolitik von einer Zentralbank festgelegt und dient der Beeinflussung des kurzfristigen Zinsniveaus (siehe Zins). Dabei stellt der Leitzins üblicherweise den Preis für die Vergabe von Zentralbankgeld an Geschäftsbanken dar. In der Eurozone gibt es insgesamt drei Leitzinssätze: Den Hauptrefinanzierungszins für Kredite mit einer regulären Laufzeit von einer Woche (das ist „der Leitzins“ im eigentlichen Sinne), den Spitzenrefinanzierungszins für extrem kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit von einem Tag („Übernachtkredite“) und den Zins für die sogenannte Einlagefazilität, die eine Tagesgeldeinlage (siehe Tagesgeldkonto) von Geschäftsbanken bei der Zentralbank darstellt. Da Geschäftsbanken für den Zahlungsverkehr, den Bezug von Bargeld, die Einhaltung ihrer Mindestreservepflichten und den Erwerb von Staatsanleihen auf Zentralbankgeld angewiesen sind, kann die Zentralbank über den Leitzins die Zinskosten des Bankensektors steuern (siehe auch Interbankenmarkt) und damit einen gewissen Einfluss auf die volkswirtschaftlichen Produktionskosten und die private Nachfrage nach Konsumkrediten ausüben. Dabei unterstellt die neoklassisch geprägte Mainstream-Ökonomik, dass ein niedriger Leitzins das Wirtschaftswachstum positiv stimuliere und ein hoher Leitzins das Wirtschaftswachstum bremse. Empirisch kann jedoch nur der gegenteilige Zusammenhang nachgewiesen werden, wonach ein höheres Zinsniveau mit mehr realwirtschaftlichen Investitionen einhergeht, da höhere Zinserträge die Kaufkraft des Privatsektors verstärken und nur Realinvestitionen einen hohen risikolosen Zins von Staatsanleihen überbieten können. Die neoklassische und seit den 1970er Jahren vorherrschende Vorstellung einer Inflationskontrolle über Geldpolitik und unfreiwilliger Arbeitslosigkeit (siehe NAIRU) entbehrt damit jeder wissenschaftlichen Grundlage und sollte endlich verworfen werden, damit die sehr viel wirkmächtigere Fiskalpolitik wieder stärker in den Fokus der demokratischen Öffentlichkeit rücken kann.

MRS