Beim Kredit handelt es sich um ein vertragsrechtliches Schuldverhältnis, das neben dem rationalen Denken (ungefähr ab 700 v. Chr.) kulturgeschichtlich zu den bedeutendsten Erfindungen seit Beginn der Sesshaftigkeit (ungefähr ab 8500 v. Chr.) zählt. Da die ältesten uns verfügbaren Quellen belegen, dass Schulden bereits um 3000 v. Chr. existierten, ist der Kredit sehr viel älter als das im 7. Jahrhundert v. Chr. erfundene Münzgeld und von Anfang an ein gesellschaftliches Machtmittel, wie der Ethnologe David Graeber aufzeigt. Etymologisch entstammt das Wort „Kredit“ dem lateinischen „credere“,  das so viel wie „glauben“ oder „vertrauen“ heißt und darauf hinweist, dass der Kredit ursprünglich aus einem religiösen Kontext kommt und bereits durch ein bloßes Zahlungsversprechen (etwa zwischen Restaurantbesucherin und Barkeeper) ohne nennenswerte Vorbedingungen entsteht. Zusammen mit der Erfindung des Giralgeldes (siehe auch Buchgeld) im Italien des 14. Jahrhunderts und der im 18. Jahrhundert einsetzenden industriellen Revolution ermöglichte das Kreditwesen eine bisher beispiellose Zunahme des weltweiten materiellen Wohlstands durch die weitgehend voraussetzungslose Ausweitung der Geldmenge (siehe Geldschöpfung). Da die Intensivierung volkswirtschaftlicher Produktionsprozesse durch Investitionen nur durch eine umfassendere Versorgung der Bevölkerung mit Geld ermöglicht werden kann, korrelieren die Wohlstandszuwächse moderner Marktwirtschaften notwendig mit dem fortlaufenden Anstieg von Verschuldung, und zwar insbesondere der staatlichen (siehe Staatsausgabenüberschuss). Dass die weltweite Kreditgeldsumme immer weiter ansteigt, ist also keine „Anomalie“, über die wir uns empören müssten (vorbildlich in dieser Hinsicht ist etwa die Springer-Presse), sondern eine vollkommen normale und logische Tatsache, die zu einer Geldwirtschaft fundamental dazugehört. Ohne Verschuldung und die damit einhergehende Geldschöpfung wäre der heutige akkumulierte Wohlstand überhaupt nicht denkbar – dennoch regen sich die Medien regelmäßig darüber auf und lenken damit von der viel wichtigeren Frage ab: Wer bestimmt eigentlich, wofür neues Geld geschöpft wird? Während nämlich seit der Liberalisierung der Finanzmärkte in den 1980er Jahren private Geschäftsbanken ohne jede demokratische Kontrolle entscheiden dürfen, wie viel und wofür sie neues Kreditgeld bereitstellen, werden demokratisch gewählte Regierungen immer stärker daran gehindert, sich zu „verschulden“ und auf diese Weise Geld zu schöpfen (siehe Geldschöpfungsbremse). Dass es also „zu viel“ Geld bzw. Schulden gibt, ist nicht das Problem – das Problem ist, dass die Entscheidungsgewalt über Geldschöpfung in einer vollkommen undemokratischen Art und Weise verteilt ist (siehe auch IWF und Weltbank), was eine wesentliche Ursache für die ununterbrochene Zunahme der nationalen und weltweiten Vermögensungleichheit darstellt.

MRS