Die Modern Monetary Theory (MMT) ist eine wirtschaftswissenschaftliche Theorieströmung, die auf empirischer Grundlage moderne Geldsysteme (siehe Fiatgeld) erforscht. Sie entstand im Laufe der 1990er Jahre im Umfeld des heterodoxen Postkeynesianismus und erregt seit der Finanzkrise 2008/09, die als Versagen der neoklassisch geprägten Standard-VWL gedeutet werden kann, immer stärkere Aufmerksamkeit. Zu den wichtigsten Erkenntnissen der MMT gehören
- dass Staaten mit eigener Zentralbank und eigener Währung in wirtschaftlich-technischer Hinsicht zu jeder Zeit Geld schöpfen und ausgeben und deshalb niemals zahlungsunfähig werden können, sofern die jeweiligen politischen Regelungen die staatliche Geldschöpfung nicht behindern (siehe auch Währungsmonopol). Es liegen beispielhafte Studien für die Bundesrepublik Deutschland, die USA, das Vereinigte Königreich sowie Kanada vor.
- dass demzufolge Staaten mit eigener Währung in ihrer Ausgabentätigkeit niemals finanzielle Grenzen, sondern immer nur realwirtschaftliche Grenzen haben können. Staatliche Ausgaben rufen nämlich reale Ressourcen wie etwa Arbeitskräfte oder Rohstoffe ab, von denen es nicht unendlich viele gibt. Nimmt der Staat über seine Ausgabenpolitik im Zusammenspiel mit dem Privatsektor mehr Ressourcen in Gebrauch, als realwirtschaftlich vorhanden sind, kommt es zu Inflation. Damit ist nicht die Frage entscheidend, ob eine Regierung für bestimmte Vorhaben Geld ausgeben kann, sondern immer nur, für welche Vorhaben konkret die verfügbaren Ressourcen einer Volkswirtschaft eingesetzt werden sollen.
- dass monetär souveräne Staaten ihre prinzipiell unbegrenzte Geldschöpfungsfähigkeit nutzen können, um realwirtschaftliche Prozesse gemeinwohlorientiert zu steuern und die jeweils vorhandenen Ressourcen nachhaltig, das heißt unter Nutzung aller verfügbaren Kapazitäten, zu bewirtschaften. In diesem Zusammenhang ließe sich insbesondere die strukturell bedingte Arbeitslosigkeit überwinden, die von der neoklassischen Standardlehre und der von ihr beratenen Wirtschaftspolitik vor allem als Inflationsbekämpfungsmaßnahme missbraucht wird (siehe NAIRU).
Da die MMT mit ihren Erkenntnissen eine massive Gefahr für die Vormachtstellung der Mainstream-Ökonomik darstellt, kam es 2021 im US-amerikanischen Repräsentantenhaus zu dem Versuch, die MMT als wissenschaftliche Theorie politisch zu verurteilen. 2015 ist mit einer Veröffentlichung der Bundeszentrale für politische Bildung über Plurale Ökonomik etwas Ähnliches in Deutschland passiert. Diese Versuche politischer Zensur zeigen sehr deutlich, dass die Pluralisierung wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge weltweit bitter nötig ist, aber leider auch vehement bekämpft wird.
Wichtige deutschsprachige Vertreter der MMT sind Dirk Ehnts, Maurice Höfgen und Michael Paetz, im englischsprachigen Raum wären etwa Warren Mosler, Bill Mitchell, Larry Randall Wray, Stephanie Kelton, Pavlina Tchernev und Mathew Forstater zu nennen. Auf der Seite exploring-economics.org, einem Projekt des Netzwerks Plurale Ökonomik, findet sich eine kurze Einführung in die Grundlagen der MMT.
MRS