Bei Staatsanleihen handelt es sich um Wertpapiere, die das Zahlungsversprechen einer Regierung darstellen. Staatsanleihen werden im Rahmen der staatlichen Geldschöpfung am Primärmarkt „erzeugt“ und gelangen über den Börsenhandel am Sekundärmarkt schließlich in den Besitz von in- und ausländischen Unternehmen und Privathaushalten. Da Zahlungsversprechen der Regierung in eigener Währung in einem funktionalen Geldsystem immer eingehalten werden können (siehe Währungsmonopol), stellen Staatsanleihen die Richtschnur für den risikolosen Zinssatz in einer Volkswirtschaft dar. Bedingung dafür ist, dass die Zentralbank als sogenannter „Käufer der letzten Instanz“ (buyer of last resort) auftritt, was in der Eurozone durch die Anleihekaufprogramme der EZB leider nur vorübergehend gewährleistet ist. Obwohl eine Anleihe vertragsrechtlich gesehen ein Kredit an den Anleiheherausgeber ist, ist das Kreditkonzept bei Staatsanleihen im Sinne einer „Finanzierung“ bzw. „Geldleihe“ durch den Privatsektor oder „den Kapitalmarkt“ irreführend, denn der Staat zahlt nur mit Zentralbankgeld, an das die privaten Haushalte und Unternehmen überhaupt nicht gelangen können. Es ist eher umgekehrt: Durch die Zahlungsverpflichtung der Regierung entsteht im Privatsektor neues Geldvermögen in Form von Staatsanleihen, die aufgrund ihrer risikolosen Zinserträge insbesondere für Pensionsfonds und Versicherer (und damit für die gesamtgesellschaftliche Vermögensbildung) eine immense Bedeutung haben. Historisch war die inflationsbereinigte Rendite langlaufender Staatsanleihen in Deutschland lange Zeit positiv, was einen Anreiz für langfristige private Investitionen in die Realwirtschaft darstellte. Seit Mitte der 1980er Jahre jedoch sind die langfristigen realen Zinsen kontinuierlich gefallen, seit 2008 sind sie sogar negativ. Ursachen für diesen historischen Sonderfall bilden die im Laufe der Zeit tendenziell zurückgehende staatliche „Neuverschuldung“ (siehe Staatsausgabenüberschuss) sowie die fiskal- und geldpolitischen Reaktionen auf die Finanz- und Bankenkrise von 2008, die zu einer EU-weiten Sparpolitik geführt haben.
MRS